Die
digitale Revolution...
... ist ja
noch nicht zuende. Ab 1990 stecken wir mit der digitalen Revolution im
größten Kulturwunder seit Erfindung des Buchdrucks. Genießen und nutzen
wir wenigstens das, angesichts der materiellen Verwüstung der Erde und des
sozialen Verfalls auch der wenigen zeitweise zivilisierten Zonen der
Menschheit.
Eine selbst gebaute Homepage, am
besten in einer eigenen Domain mit eigenem Webspace, ermöglicht ein
Fernhalten von Facebook und vergleichbaren anderen sozialen Medien. Ich
meine, das ist politisch wichtig. Jeder soll seine Homepage selbst
erstellen. Es ist so schwer oder so leicht wie das Arrangieren mit
Facebook-Optionen. Es gibt auf der eigenen Homepage aber kein Umfeld
aus Fremdwerbung.
Die Überwachung im Internet durch
Verfolgen unserer Dateneingaben dort, wohin auch immer wir gehen, bekommt
Stasi-Potential einerseits. Andererseits sehe ich zwei Veränderungen:
1. Es läuft unauffällig. Es soll
keine Beunruhigung der Bevölkerung eintreten (die war in der Stasi-DDR
nämlich beunruhigt, das Reden und Leben verlief beklemmend).
Und 2. sind nun möglichst viele
Roboter im Einsatz, keine mitschreibenden Menschen mehr. Diese Roboter
haben ein Problem: Sie irren sich. Sie irren sich so strohdumm manchmal,
wie kein Mensch sich irren würde. Das läuft parallel dazu, dass Roboter =
Software-Konstrukte tolle Filterarbeit leisten und ein irre Masse an Daten
sichten und vernetzen und filtern können. Aber dann hauen sie voll
daneben. In den USA gab es diese überfallartige Hausdurchsuchung, nachdem
zwei Frauen am Telefon Pizza-Rezepte austauschten (auf Twitter gab es den
Bericht der solcherart überfallenen Hausfrau. Das traumatisiert dann schon
wie einst die Stasi).
Hierzu meine Ideen der Gegenmaßnahmen
für Einzelne:
1. fast alles ohne große Geheimhaltung laufen lassen. Denn wir machen ja
nur weniges, das verborgen bleiben muss. Pornografisches und integrierbare
politische Ansichten kann man z.B. im Haus rumliegen lassen, meine ich.
2. die Zweitexistenz ohne digitale Kommunikations-Technik.
Im Prinzip lässt sich eine
Privatsphäre weiterhin einrichten. Wir müssen uns dazu einen Lebensraum
erstellen, der auf elektrische Fernkommunikation, leider sogar auch auf Briefpost
verzichtet.
Ich meine dabei nicht, dass wir uns
rund um die Uhr von Handys und Internet abschotten sollten. Sondern ein
Zweispurleben ist angesagt: Ein mittlerweile digitalisiertes Existieren
und Kommunizieren nach draußen, und daneben ein „Zimmer in das nicht
hineingeschaut werden soll“ wie im Märchen von "Blaubart". In diesem Zimmer
kann durchaus ein Computer stehen, aber er hat kein Internet, und
theoretisch muss die kompromittierende Strahlung des Monitors gestört oder
durch einen Faraday-Käfig abgeschirmt werden. Praktisch reicht aber das
Trennen des Daseins in der digitalisierten Außenwelt von dem Dasein, das
man privat führen möchte, finde ich.
Ich habe bei der Digitalisierung in
Deutschland ein Gefühl wie im November 1989 in der DDR: Moment des
Umbruchs und oft Moment guter Anregungen - die später unter dem Tisch
liegen werden.
Damals in der DDR habe ich frisch
vereinte Ossis ("Ostdeutsche") mit laufender Kamera gefragt: Was in deinem Mistland sollte
nach deiner Ansicht sehr wohl gerettet werden in die schöne neue
Wessi-Welt? Es kamen gute Antworten, vom dortigen Pfandsystem über das
20-Jahre-Haltbarkeits-Design mancher Alltags-Gegenstände bis zum
kostenlosen Nutzendürfen von Büchereien und Museen bis 25. Das ging dann
eben alles im smarten Westen den Bach runter.
Privatsphäre hatten einige Menschen
offenbar eine Weile in einigen Teilen der Ersten Welt, aber seit
irgendwann hinter dem Jahr 2000 ist sie auf neue Weise durchlöchert. Fast
alle Privatsphäre existiert ja schon mal nur, solange du dem Staat egal
bist. In der Türkei neuerdings und in Russland schon immer: Sag was
staatsfernes, und die Geier umkreisen dich. In Deutschland: Nur dein
Bargeld ist privat. Alle Konten stehen dem Finanzamt offen seit 1.April
2004 (kein Witz). Blöderweise sehe ich eine Regel, die soeben wieder
bestätigt wurde ("Informationsverbund Berlin-Bonn" war ein Jahr lang
Hackern zugänglich): Was sich der Staat bereitstellt, um hineinzugucken,
das bekommen auch Banditen in die Hand.
Die neue dritte Riege, die uns
ziemlich komplett zuschaut, sind nun die Konzerne. Android Betriebssystem,
Windows 10, Google und seine Nachahmer: Was du ins Internet stellst, und
die Geräte, die internetfähig sind, haben keine Privatsphäre, außer du
bist Profi. In der Cloud wird garantiert geklaut. Kameras und Mikrophone
können aus der Ferne gestartet werden, solange dein Gerät noch Strom aus
der Batterie empfängt. Ein Smartphone sendet nur dann nicht, wenn man es
in einen Faradyschen Käfig stellt. Neulich habe ich mein eines Handy in
meine diversen Metall-Töpfe getan und es vom anderen Handy von außen
angerufen. Ergebnis: Handy im Stahl-Kochtopf mit geschlossenem Deckel, und
es lässt sich nicht mehr anrufen. Aha.
Zum Nachdenken bringt mich
unerwünschte (Konzerne) und feindliche (Staat und Banditen) Überwachung.
Und dann wieder irgendwie: Ich empfinde durchaus noch Privatleben. Nur
muss ich es so sorgsam herstellen wie ein Reh sein Äsen am frühen Morgen.
Übrigens: Die Angebote der neuen Medien,
genutzt von Marktschreiern, machen derzeit nach vorsichtigen
Forschungsergebnissen heranwachsende Jungs eher kaputt (90 %) als
heranwachsende Mädels (70 %). |