Die große Kulturleistung:
Auf Religiöses verzichten und Naturwissenschaftliches unterrichten
Es geht um das
erleichternde, das befreiende, das wunderbare Eingrenzen-Können der
Themen, die von „Religion“ besetzt sind. Seit archaischen Zeiten erzählen
die Eltern ihren Kindern, die Welt sei irgendwie entstanden. Da musste
zehntausend Jahre lang ein Mythos her. Das ist Teil der Fragen von
Menschen an die Welt: Wie sind die Dinge um mich herum entstanden? Wo
kommen wir Menschen historisch her? Und nun - die Astronomen hatten im
kirchlichen Europa als erste 1543 (Kopernikus) den Fuß in der Tür, dass
das geozentrische Weltbild falsch ist - ist geschichtlich einmalig ein
Feldzug mit grandiosem Erfolg in Gang gekommen: Das systematische
Forschen, mit einem Kanon der Verifizierung, bei dem Bekenntnisse („Mir
ist die Jungfrau Maria erschienen“) nicht mehr gelten. Nur was gemäß einer
handwerklichen Anleitung für jeden zu erscheinen imstande ist, wird weiter
verfolgt. Heraus kam die Renaissance, die Aufklärung, die industrielle
Revolution, die digitale Revolution - heraus kam ein sich nun schrittweise
besser begründender Blick auf eine Welt, die ohne Schöpfer entstand.
Diese schöpferlose Welt ist ein Hammer, ein
vertracktes Unglaubliches, eine präzise Antithese zum Schwabbeln der
Mythen. Es werden sich wohl immer haufenweise Schwabbelgeister finden, die
dagegen an-mythisieren - siehe die „Kreationisten“. Aber wer nun nach
einem Heranwachsen in Archaik, Magie und Mystik (--> Jean Gebser) die
mittlere Pubertät erreicht und sich fragt: „Was von dem Zeug stimmt denn
nun, rational betrachtet?“ - dem eine fakten- statt mythenbasierte Antwort
geben zu können, ist in kulturelles Geschenk.
Und ich sehe nochmals, wie sehr Darwin da in die
Kulturgeschichte hineinknallte (und noch seine Gegner sahen es eben): Es
gibt Evolution. Für alles, über die Entstehung und Entwicklung des Lebens
hinaus. Auch für den Kosmos. Und zu meiner Verblüffung traf ich dann das
physikalische Pendant zur Ursuppe (hocherhitzte, mit organischen
Substanzen gesättigte Meere auf der Erde, in denen „Leben“ erstmals
passierte) - aber es wurde in der Literatur nicht so reflektiert wie eben
jene Ursuppe: Die mit Mathematik gesättigten, dabei aber nicht mehr
geometriegläubig trivialen Überlegungen mehrerer Physiker, was in einem
„Nichts“ passiert, wenn die Regeln der Lichtgeschwindigkeit und anderes
schon präsent sein müssen - wenn also die Regeln, nach denen Zeit und Raum
entstehen könnten, gar keine andere Wahl haben, als zu walten.
Was nach meinem derzeitigen Eindruck noch fehlt, um
einem nachfragenden Zwölfjährigen die Welt der Dinge gottfrei erklären zu
können, sind zutreffende Angaben über das Weltall: Wie ist das mit seiner
„Größe“? Was für eine Vergangenheit und welchen Zukunftsrahmen hat das
Weltall? Das seit 40 Jahren behauptete Weltmodell der Astrophysiker „Big
Bang“ passt nach meinem Eindruck nicht mehr zu den neueren
Mess-Ergebnissen („beschleunigte Expansion“ und „dunkle Energie“ sind aus
meiner Sicht peinliche Erklärungsversuche). Allgemein hat es mir nie
gepasst.
Knapp gesagt: Wenn die Menschheit bitteschön die
Entstehung der Welt ohne mythische Konstrukte formulieren könnte, hätte
sie das Puzzle gelöst, das sich um sie herum türmt. Solange dieses Puzzle
nicht gelöst ist, sterben wir rational unfertig: Wir sind schon irgendwie
überzeugt davon, dass das alles blind entstanden ist und leider auch
wieder endet (und haben die entsprechende existenzialistische, auch
meinetwegen stoische Philosophie dazu längst parat), aber wir können nicht
sagen: „Da schau her, diese Formelpaket (es wird schrecklich sein; die
Unschärferelation und die Quantenzahlen sind High Science) und jene
belegbaren Konsequenzen platzieren uns in Raum und Zeit.“ Sowas erklärt zu
bekommen oder erklären zu können - das interessiert mich.
..................
... zu obigem ein Nachfasser: Bei
der "rationalen" Haltung erlebe ich, dass Menschen, die an Religiöses
glauben, keine andere Kategorie für diese Haltung zu finden bereit sind
als diejenige, dass es sich dabei um eine andere Religion zu handeln habe.
Es folgen Gespräche, bei denen man halt "Atheist" sei, "eine von vielen
Weltansichten", "alle nebeneinander nicht beweisbar, sondern
Glaubens-Sache".
Das "Rationale" wühlt sich aber an
der Religion als Kategorie generell vorbei. Es wühlt seit etwa 400 Jahren
nun (mag sein, antike Philosophen wühlten da auch schon mal) und hat
modernes Wissen erzeugt oder ermöglicht. Fragen an die Sternenphysik, nach
Anfang, Größe und Ende der materiellen Welt auch beantworten zu können,
das würde den Kreis des Angebotes an rationalen Antworten runden. Ich
grübele da - mit unzureichendem Werkzeug - mit dran rum.
Wer den Gang der Dinge ohne Gott für
den wahrscheinlichen hält, ist nicht deckungsgleich mit dem Widerpart zum
Gläubigen, als den ihn Christen & Co. mit dem Begriff "Atheist"
etikettieren.
Zum Fotos: Riesig ist die Welt, und weit können wir klettern, bevor
aber dann doch die mechanische Flut der Abläufe uns verschlingt: Nemo 2016 auf
einer Treppe recht weit hochgeklettert, aber nicht angelangt. Und würde er
anlangen, was wäre da? Wieder Wiese, wie anfangs.
Um Nemo herum sehr weites Land, mit Wasser und Grün
versorgt. Was stellt solches Land für uns ehemalige Savannenbewohner dar?
Ein Paradies.
Was kann uns das sagen? "Versuche zu klettern, denn
du bist ein Mensch. Sieh aber und nutze auch, was außerhalb deiner
Kletterstrecke gegeben ist." Was hat das mit
Religion zu tun? Nun, hier ist die Welt der Kirchenraum. Hier ist ein
Mensch alleine. Aber er bringt dieses System aus purer Welt und auch aus
zeitweiligem Alleinsein mit seinem Denken (der Leiter) in Einklang.
Das ist eine revolutionäre Handlung. Sie bleibt
dabei friedlich und ist erkennbar kurzlebig. Danach gehen wir wieder zum
Badestrand in der Ferne und essen an der Pommesbude. Das sind Orte, die
sich mit Religion innerlich nicht befassen.
Die Welt funktioniert vor sich hin - außerhalb des
Menschen reflexhaft, und innerhalb der Menschenwelt auch zumeist dumpf.
Hohe Dinge passieren in Elfenbeintürmen, sind zerbrechlich und
kommunizieren sich nur zwischen wenigen. Ja
und? Auf diesem Foto fühle ich, Nemo, mich zufällig ganz gut beschrieben. |